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Das Packhaus wurde im Jahr 1808 vom Schiffsmakler und späteren Werftbesitzer Hinrich Oltmanns erbaut. Es diente der Firma „Oltmanns & Seemann“ zum „Sollern“, dem Zwischenlagern von Fracht- und Handelsgütern bis zu deren Weitertransport per Schiff. Im Erdgeschoss befand sich schon früh ein Schiffsausrüsterladen.
Ab 1818 wohnte hier der britische Vizekonsul und Agent des Norddeutschen Lloyd, John Saville MacNamara mit seiner Gattin, um die sich in Brake viele Legenden ranken. Nach dem Tod MacNamaras 1845 erwarben die Braker Kaufleute Johann Hinrich Borgstede und Julius Ludwig Becker das Gebäude, das ein Jahr später in den alleinigen Besitz Beckers überging und bis 1979 im Familienbesitz verblieb. 1985 wurde das Haus „Borgstede & Becker“ zweiter Standort des Schiffahrtsmuseums der oldenburgischen Unterweser e. V.
Ein Packhaus zum „Sollern“
Das Haus „Borgstede & Becker“ ist ein typisches Packhaus des beginnenden 19. Jahrhunderts. Es wurde im Jahr 1808 gebaut und ist damit eines der ältesten noch erhaltenen Häuser in der Breiten Straße, heute die Braker Fußgängerzone. Erbauer war der Schiffszimmermeister, Schiffsmakler und spätere Werftbesitzer Hinrich Oltmanns. Das Speichergebäude wurde von der Firma „Oltmanns & Seemann“ zum Sollern, also zum Zwischenlagern von für Bremer Kaufleute bestimmten Schiffsgütern bis zu deren Weitertransport mit Lastkähnen oder Fuhrwerken genutzt. Zusätzlich befand sich von Beginn an ein Schiffsausrüsterladen im Erdgeschoss. Hier wurden Schiffe mit allen notwendigen Dingen, von Ausrüstungsgegenständen und Kleidung für die Besatzung bis hin zum Proviant für die Reise ausgestattet. Außerdem hatten die Schiffsausrüster auch Kolonialwaren wie Kaffee, Tee, Schokolade, Reis oder Tabak für den Bedarf der Braker Bürger im Angebot. Einen Einblick in die Warenwelt des 19. Jahrhunderts bietet die Rekonstruktion eines Schiffsausrüsterladens, den das Museum im Erdgeschoss zeigt.
Konsularischer Standort
Schon kurz nach der Erbauung verband sich die Geschichte des Gebäudes noch enger mit den maritimen Netzwerken Brakes. Der wirtschaftliche Aufschwung durch den zunehmenden Schiffsverkehr begünstigte die Entwicklung des noch jungen Ortes. Obwohl Brake als eigenständige Kommune (Amt Brake) erst 1814 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird, gab es schon kurz darauf das erste Konsulat in der Stadt. Die von der Seeschifffahrt bestimmte Wirtschaft und die damit einhergehenden weltweiten Handelsbeziehungen setzten offizielle Auslandsvertretungen vor Ort voraus. Großbritannien entsandte als erstes einen Konsul in die damals knapp 3000 Einwohner zählende Hafenstadt. 1814 bezog der britische Vizekonsul John (James) Saville MacNamara seine Wohn- und Arbeitsräume im heutigen Haus Borgstede & Becker.
Mysteriöse Geschehnisse
Obwohl MacNamara nicht der einzige Vertreter ausländischer Regierungen war, ist er der bis heute bekannteste. Das liegt vor allem daran, dass – abgesehen von seinem beruflichen Engagement - kaum etwas über ihn bekannt ist. Wiederholt setzte sich der gebürtige Engländer gegenüber der Hansestadt Bremen für Braker Belange ein. Für Gesprächsstoff sorgte aber seine Ehe. Lady MacNamara, so wurde insgeheim gemunkelt, sei eine Prinzessin aus dem Hause Steward und von ihrem Gatten gegen den Willen ihrer Familie geheiratet worden. Es wird berichtet, dass beide sich in liebevoller Weise nahe standen. Für eine Ehe des 19. Jahrhunderts durchaus nicht selbstverständlich. Gesellschaftlich hoch angesehen, soll das Paar jedoch in wirtschaftliche Schieflage geraten sein. MacNamara starb 1835 sehr plötzlich auf seinem Gut Etzorn bei Oldenburg. Seine Ehefrau war daraufhin von der Bildfläche verschwunden und ward nie mehr gesehen. Der in Haus Borgstede & Becker vorhandene Nachlass des Ehepaares wurde einige Jahre später öffentlich versteigert. Im Museum ist noch ein Glaspokal zu sehen, der aus dem Besitz der MacNamaras stammen soll.
Vom Kaufmannssitz zum Museum
1845 kauften die Braker Kaufleute Johann Hinrich Borgstede und Julius Ludwig Becker das Packhaus. Ihre Porträts sind im Erdgeschoss zu betrachten. Becker war mit Anna Mathilda Borgstede, der Schwester von Johann Hinrich, verheiratet. Borgstede und Becker hatten vorher gemeinsam eine in Brake sehr angesehene Gaststätte geführt. Johann Hinrich Borgstede starb kurz nach Erwerb des Hauses, das nun an Julius Ludwig Becker überging und bis Ende der 1970er Jahre in Familienbesitz blieb. Übrigens wurde Julius Ludwig Becker 1846 Konsul für Portugal, ein Amt, das nach seinem Tod von seinem Sohn Carl Diedrich übernommen wurde. Das Haus Borgstede & Becker blieb daher weiter konsularischer Amtssitz. Auch die Geschäfte der Schiffsmaklerei und Schiffsagentur wurden vom Kontorraum im Erdgeschoss des Hauses aus betrieben. Ein wichtiges Standbein blieb weiterhin der Schiffsausrüster- und Kolonialwarenladen.
1979 vermachte Marianne Lueken, geb. Becker, das Packhaus der Stadt Brake. Seit dem 15. März 1985 hat hier das Museum der oldenburgischen Unterweser e. V. seinen zweiten Standort. Im Zusammenhang mit der Neukonzipierung der Dauerausstellung wurde es in den Jahren 2005-2007 grundlegend saniert und zeigt heute die Geschichte der Seefahrt unter oldenburgischer Flagge im 19. Jahrhundert mit den Schwerpunkten Handelsgeschichte, Kartographie, Navigation, Lotswesen, Schulschifffahrt, Holzschiffbau und informiert nicht zuletzt über die Geschichte der ersten gesamtdeutschen Marine und ihren Befehlshaber, Konteradmiral Carl Rudolph Bromme („Brommy“). Darüber hinaus ist dem Ehrenbürger der Stadt Brake, dem Maler und Schriftsteller Georg von der Vring, ein eigener Raum gewidmet.
Das Museum erleben
Das Haus Borgstede & Becker des Schiffahrtsmuseums der oldenburgischen Unterweser hat ganzjährig für Sie geöffnet.
Die Öffnungszeiten gliedern sich wie folgt:
1. April - 31. Oktober
Dienstag - Samstag: 10.00 - 17.00 Uhr
1. November - 31. März
Dienstag - Samstag: 11.00 - 17.00 Uhr
Sonntag und Feiertage: 10.00 - 17.00 Uhr
Montag: Ruhetag
An und direkt nach Feiertagen können die Öffnungszeiten variieren. Die Öffnungszeiten gelten auch für das Haus Elsfleth sowie den Telegraph.
Haus Elsfleth, Weserstraße 14, 26931 Elsfleth
Telegraph, Kaje 8, 26919 Brake
Service
- Museumsshop
- Parkplatz
- stufenloser Zugang zum Gebäude möglich
- behindertengerechtes WC
- Fahrstuhl
- weitestgehend rollstuhlgerecht
- Audioguide (deutsch) verfügbar