Die Brommy-Villa

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Nur ein schlichter Stein erinnert an das ehemalige Geschäfts- und Wohnhaus des Kaufmanns, Werftbesitzers und Gastwirts Gerhard Gross. Hier beherbergten er und seine Familie Carl Rudolph Bromme, besser bekannt als „Brommy“. Dieser war ab 1849 Befehlshaber und Konteradmiral der ersten gesamtdeutschen Marine. Die Kommandozentrale befand sich in Bremerhaven; Brake diente als weiterer Stützpunkt und Winterliegeplatz der Flotte, die allerdings bereits 1852 wieder aufgelöst wurde. Im selben Jahr heiratete Brommy Gerhard Gross‘ Tochter Caroline. Ihr Bruder Karl, der unter Brommy als Seejunker gedient hatte, gründete 1876 eine Reederei und eine späterhin bedeutende Spedition, die bis heute als international tätiges Logistikunternehmen mit Sitz in Bremen tätig ist. Ab 1881 war Karl Gross Mitglied und ab 1896 Präsident des Oldenburgischen Landtags.

Brommy und die erste deutsche Flotte

Carl Rudolph Bromme
Als die dänische Kriegsflotte die deutschen Küsten blockierte, beschloss der extra einberufene Marinekongress in Hamburg am 6. Juni 1848, eine erste deutsche Reichsflotte aufzustellen.
Der gebürtige Sachse Carl Rudolf Bromme wurde zum Oberbefehlshaber der Flotte ernannt. 1804 nahe Leipzig geboren, wanderte er mit 18 nach Nordamerika aus und anglisierte seinen Namen zu "Brommy". Mit 23 ging er zur griechischen Marine, kämpfte im Befreiungskrieg gegen die Türken und machte Karriere. Besondere Aufmerksamkeit bekam er auch durch das Buch „Die Marine - eine gemeinverständliche Darstellung des gesamten Seewesens für Gebildete aller Stände“.
Er galt als liberaler Schöngeist, der sich als Komponist und Schriftsteller betätigte. Trotz knapper Mittel gelang es ihm in kurzer Zeit, einen recht gut ausgerüsteten Marineverband aus 11 großen Schiffen, 27 Ruderkanonenbooten und 1500 Mann aufzustellen.

Brake wird Flottenstützpunkt

Die Stationierung der Kriegsflotte an der Wesermündung in Bremerhaven brachte auch die Oldenburger auf den Plan. Als großherzoglicher Kommissar der deutschen Bundesflotte warb daher Regierungsrat Albrecht Johannes Theodor Erdmann für Brake, gemeinsam mit dem oldenburgischen Bundesgesandten Oberst Mosle. Die Konkurrenten in Bremen und Hannover hatten das Nachsehen, denn Brommy, der sich in Bremerhaven mit der Kommandantur und der Seezeugmeisterei niederließ, richtete in Brake eine provisorische Marinestation ein.
Am 18. März 1849 traf die „Barbarossa“ mit Brommy an Bord in Brake ein, wo sie mit großer Begeisterung empfangen wurde. Braker Jungfrauen überreichten Brommy eine selbst gefertigte Fahne für sein Flaggschiff. Im Laufe der nächsten Wochen legten auch die „Acadia“ und die „Erzherzog Johann“ in Brake an.
Außer einem extra angelegten Trockendock konnten weitere Bauvorhaben im Braker Hafen nicht in die Tat umgesetzt werden. Einzig eine Verbreiterung und Vertiefung des Sielhafens wurde vorgenommen, um den Flottenschiffen die Überwinterung zu ermöglichen. Zur Unterhaltung der Offiziere wurden in Brake ein Theater, Casinos und andere Etablissements eingerichtet.

Kurzes Intermezzo

Gerhard Gross
Die erste Deutsche Flotte wurde bei der englischen Insel Helgoland nur in ein einziges Gefecht mit dänischen Kriegsschiffen verwickelt, Anfang Juni 1849. Am 2. April 1852 beschloss der Bundestag die Auflösung der Flotte. Admiral Brommy erhielt die Anweisung, die Schiffe bei Bremerhaven zusammenzuziehen. Die „Barbarossa“ wurde mit der „Eckernförde“ an Preußen übergeben. Schiffe, Ausrüstungen und Marinegebäude wurden verkauft. Das Flottenpersonal wurde verabschiedet, die Marinebeamten entlassen. Die Offiziere erhielten nur bescheidene Abfindungen und Pensionen. Brommy musste um seine eigene Pension lange kämpfen.

Rückzug ins Privatleben

Am 6. Mai 1852 verlobte Brommy sich mit Caroline Gross (1825-1910). Sie heirateten am 1. Juli in der Hammelwarder Kirche. Gemeinsam zogen sie zunächst nach Bremerhaven. Ihr Sohn Rudolf (Carl Rudolph Traugott Gerhard) wurde am 9. Mai 1853 geboren. Er starb 17jährig vor Metz an Typhus. Brommy konnte aus gesundheitlichen Gründen keine Stellen mehr antreten, am 9. Januar 1860 starb er in St. Magnus bei Vegesack. Beigesetzt wurde er, in die Reichsflagge gehüllt, in Kirchhammelwarden. Caroline überlebte ihren Gatten um Jahrzehnte.
1897 wurde auf dem Kirchhammelwarder Friedhof ein Denkmal errichtet, auf dem ein Spruch des Marschendichters Hermann Allmers zu lesen ist.


Im Museum erleben

Das Schiffahrtsmuseum Unterweser zählt bei der Erforschung von Leben und Werk Carl Rudolph Brommes zu den federführenden Institutionen. Bei uns können Sie verschiedene Möbelstücke und Gemälde aus dem Privatbesitz der Familie besichtigen. Wenn Sie neugierig auf Brommys lyrisches und musikalisches Werk sind, können Sie an einer Medienstation hineinlesen und -hören.
Mehr Informationen zu Admiral Brommy finden Sie zudem in der Station "Friedhof Hammelwarden".
Haus Borgstede & Becker, Breite Straße 9, 26919 Brake - 1. Stock


Weitere Informationen und Angebote

Culture Call: Zu dieser Station gibt es auch einen CultureCall des BrakeVereins. Klicken Sie auf das Logo rechts, um zum Eintrag zu kommen oder wählen Sie eine der folgenden Nummern und wählen Sie die Station 24.
Hochdeutsch: 04401 / 102-102
Plattdeutsch: 04401 / 102-103

Karte der Stationen

Kommentare (1) -

  • Klaus Kirsch, Heimatforscher, Hobbyhistoriker, Ansichtskartensammler

    06.10.2015 23:44:58 | Antwort

    Moin ! Die Einleitung oben, daß es sich bei dem Brommy-Haus um das Wohn-und Geschäftshaus des Kaufmanns usw. Gerhard Gross handelt, kann man so nicht stehen lassen, weil es nicht stimmt ! Der Gross´sche Gebäudekomplex stand auf der anderen Seite, dort, wo jetzt die Plassmann-Villa steht. Hier hat Gross schon vor 1800 begonnen, einen ziemlich großen Gebäudekomplex aufzubauen, bestehend aus Wohnhaus mit Kolonialwarenladen, Schiffsausrüstung, Hotel sowie mehreren Speichergebäuden. Hier war dann auch das Hotel "Viktoria". 1899 wurde das alles verkauft und komplett abgebrochen. Plassmann kaufte das Gelände und baute dann 1907 seine Villa dahin. Das sogenannte "Brommy-Haus" wurde angeblich von Gross für seinen Schwiegersohn, den Admiral, gebaut, der aber sehr wahrscheinlich darin gar nicht oder kaum gewohnt hat. Das Baujahr ist nicht eindeutig festzustellen, im Brandkassenregister steht es erst seit 1854, möglicherweise gebaut aber schon 1850, also VOR Brommys Heirat ! Lange Zeit wohnt ein Fräulein Gross darinnen, für die Geschäfte des Herrn Gross wurde es nie genutzt. Interessant ist, daß Brakes erstes offizielles Postamt in dem Haus war, bis zum Bau des ersten Bahnhofsgebäude. Zur Jahreswende 1965/66 wurde es abgebrochen.

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